Die Militzer & Münch Gruppe peilt für die kommenden Jahre weiteres Wachstum an. Wo das größte Wachstumspotenzial liegt, erklärt Alexei Kovalenko, Mitglied des Group Management von Militzer & Münch, in einem Interview.
Wie würden Sie die Militzer & Münch Gruppe in wenigen Worten beschreiben?
Alexei Kovalenko: Aus einer kleinen Spedition, gegründet vor 140 Jahren, haben die Gründer und ihre Nachfolger mit viel Pioniergeist einen internationalen Logistikdienstleister gemacht, der sich zu einem Experten insbesondere für Nischenmärkte entwickelt hat. Weiterhin in Familienhand und unabhängig, wollen wir diesen Pioniergeist, diesen Unternehmergeist auch künftig leben und weitere schwierige Märkte für unsere Kunden erschließen. Selbstverständlich haben wir dabei Trends und Wandel aufgrund politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen im Blick – und stützen uns gleichzeitig auf traditionelle Werte wie Loyalität, Integrität und Respekt.
Über welche Stärken verfügt Militzer & Münch?
Alexei Kovalenko: Wir gelten schon lange als einer der führenden Logistikdienstleister in Eurasien und Nordafrika. Diese geographische Sichtweise engt uns aber ein wenig ein, denn wir sind mehr als das: Wir sind der Spezialist für schwierige Märkte und entwickeln für unsere Kunden individuelle Transportlösungen auch unter erschwerten Bedingungen.
Was unterscheidet Militzer & Münch vom Wettbewerb?
Alexei Kovalenko: In mancherlei Hinsicht sind wir tatsächlich einzigartig: Im Unterschied zum Wettbewerb haben wir in schwierigen Märkten, zum Beispiel in Zentralasien, eigene Landesgesellschaften mit lokalem Management. Unsere internationalen Wettbewerber senden oft nur Expatriates ins Ausland – und lokale Wettbewerber verfügen nicht über internationales Know-how. Somit macht uns unser lokales Know-how, gepaart mit internationalen Standards, gewissermaßen zu einem einzigartigen Unternehmen im Logistikbereich.
Welche Märkte und Regionen halten Sie für vielversprechend?
Alexei Kovalenko: Sowohl klassische Relationen wie Europa-Maghreb und China-Europa als auch die aufstrebenden Märkte von Schwellenländern sind für uns als flexibler Mittelständler aussichtsreich. Kürzlich haben wir eine Initiative gestartet, um in weiteren Ländern in Afrika aktiv zu werden. In Nordafrika sind wir mit eigenen Landesgesellschaften teilweise schon seit Jahrzehnten vertreten – aber wir beobachten, dass zum Beispiel auch Äthiopien ein vielversprechender Logistikmarkt ist. In den kommenden Monaten werden wir Märkte in Afrika analysieren sowie die Marktlage und den Bedarf bei bestehenden und potenziellen Neukunden prüfen.
Ein weiteres Beispiel ist Südosteuropa. In Bulgarien haben wir uns eine starke Marktposition erarbeitet, nicht aber in den Nachbarländern. 2019 bot sich die Gelegenheit, ein Joint Venture mit dem Logistikunternehmen Invictus in Serbien einzugehen, und das Geschäft entwickelt sich gut. Auch in anderen Ländern dieser Region möchten wir unseren Expansionskurs fortsetzen.
In welchen Geschäftsbereichen – Landverkehr, Luftfracht, Seefracht, Projektlogistik – sehen Sie das größte Wachstumspotenzial?
Alexei Kovalenko: Das lässt sich nicht pauschal auf ein Segment limitieren. Unsere Maxime lautet: Es muss sich lohnen. Wir wollen Wachstum nicht um jeden Preis, denn wir sind Qualitätsanbieter; eine faire Marge für hochwertige Leistungen muss möglich sein. Regelmäßig überprüfen wir unsere Aktivitäten: Welche sind rentabel, welche nicht? Die Stärken und Schwächen der einzelnen Militzer & Münch Gesellschaften – wir sind von Marokko bis China lokal tätig – sind zu berücksichtigen. So arbeiten wir auf einigen Relationen und für manche Dienstleistungen mit ausgewählten externen Partnern zusammen. Das lässt uns effizient und profitabel bleiben.
Vor allem auf der Relation China-Europa sind wir dabei, die interkontinentalen Landverkehre weiter auszubauen, also die Bahnfracht. Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Druck bringen Importeure wie Exporteure zunehmend dazu, Bahn statt Flugzeug zu wählen. Mit Laufzeiten von zehn oder weniger Tagen auf dieser Relation würde die Bahn für die E-Commerce-Branche interessant. Auch die weitere Entwicklung der Belt-and-Road Initiative haben wir im Blick – hier bieten sich in den kommenden Jahren große Chancen für unsere Kunden und damit auch für uns.
Heute sind aus anderen Gründen alle Augen auf China und Europa gerichtet. Von China aus hat sich das Coronavirus weltweit und vor allem in Europa verbreitet. Die aktuelle Situation ist für jeden einzelnen von uns persönlich und für unsere Wirtschaft eine außergewöhnlich fordernde Situation. Es ist zu hoffen und zu wünschen, dass die Ausbreitung des Coronavirus durch die zahlreichen Maßnahmen verlangsamt werden kann und sich die globale Wirtschaft bald erholt.
Die Kundenzufriedenheit steht im Fokus. Wodurch zeichnet sich Militzer & Münch im Hinblick auf die Kunden aus?
Alexei Kovalenko: Unsere Kunden vertrauen darauf, dass wir ihre oft anspruchsvollen Anforderungen erfüllen: Produkte mit kompliziertem Handling und nicht-alltägliche Destinationen. Deswegen bauen wir auf Kompetenz, die Entwicklung von Spezialisten und lokale Marktexpertise. Unsere Kunden kontaktieren nicht die Unternehmenszentrale, sondern unsere Niederlassungen vor Ort. Sie wollen mit einem festen Ansprechpartner arbeiten, der ihr Projekt von Anfang bis Ende betreut, den Überblick behält und Verantwortung übernimmt. Deswegen ist es uns ein Anliegen, das Know-how unserer Teams weiterzuentwickeln; die Neuauflage des M&M Talent Management Programms stellt die Kompetenz unserer Nachwuchsführungskräfte sicher. Die Expertise unserer Mitarbeiter unterstützen wir mit unseren robusten und flexibel anpassbaren IT-Prozessen. So entwickelt unser hauseigenes IT-Unternehmen zum Beispiel individuelle Track & Trace-Lösungen für unsere Kunden.
“Im Unterschied zum Wettbewerb haben wir in schwierigen Märkten, zum Beispiel in Zentralasien, eigene Landesgesellschaften mit lokalem Management.”
Alexei Kovalenko
Mitglied des Group Management von Militzer & Münch
Könnte Militzer & Münch die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Landesgesellschaften intensivieren und dadurch weiterwachsen?
Alexei Kovalenko: Unsere Landesgesellschaften generieren selbst Geschäfte vor Ort und „leben“ von ihrer lokalen Kundenbasis. Gleichzeitig können sie von den Stärken der anderen M&M Gesellschaften profitieren, ohne Zwang zur Zusammenarbeit, auf Basis des „right of first refusal“ Prinzips. Es gibt Beispiele in der Gruppe, wo es gut funktioniert.
Die Leitung der Militzer & Münch Gruppe liegt aktuell in den Händen des Group Management. Wie sehen die Planungen für die kommenden Monate aus?
Alexei Kovalenko: Die Militzer & Münch Gruppe ist dezentral organisiert – das ist historisch gewachsen und Teil der Unternehmenskultur. Die operative Verantwortung für Ergebnisse und Erfolg liegt bei den Landesgesellschaften und den regionalen Managern, die das Group Management, also die erweiterte Geschäftsleitung der Gruppe, ausmachen und zusammen mit dem Verwaltungsrat das Unternehmen steuern. Koordination und Abstimmung zwischen den Regionen wird vom Speaker des Group Management übernommen (Anmerkung der Redaktion: Diese Aufgabe wurde Alexei Kovalenko Anfang des Jahres übertragen).
Themen auf Gruppen-Ebene wie Business Development und Digitalisierung sind fester Bestandteil der Agenda der gemeinsamen Sitzungen von Verwaltungsrat und Group Management.
Diese Arbeitsweise hat sich über die vergangenen Monate bewährt – und so werden wir auch in den kommenden Monaten weiterarbeiten.