Auswirkungen der Pandemie auf das Geschäft der Militzer & Münch Gruppe
Alexei Kovalenko, Guillaume de Laage de Meux und Nikolaus Kohler – als Mitglieder des Group Management der M&M Militzer & Münch International Holding AG haben sie die Geschäfte der einzelnen Landesgesellschaften genau im Blick. Im Interview berichten sie, wie sich die COVID-19-Pandemie bisher auf die Unternehmensgruppe auswirkt und wie sich die Nachfrage nach Transporten in einzelnen Branchen entwickelt.
Die Militzer & Münch Gruppe ist in 29 Ländern aktiv. Das Ausmaß der Pandemie ist lokal unterschiedlich, ebenso wie die Regelungen der Regierungen. Wie gehen Sie damit um?
Alexei Kovalenko: Die Sicherheit unserer Mitarbeiter hat oberste Priorität. Bis auf einige Lagerflächen zählen wir zu den Asset-Light-Unternehmen. Daher war es relativ einfach für uns, viele Mitarbeiter von zu Hause arbeiten zu lassen. Letztendlich handeln wir immer unter Berücksichtigung der lokalen Anforderungen und Bestimmungen. Aber selbstverständlich spüren wir Einschränkungen und gesunkene Transportmengen im internationalen Warenverkehr. Im Westen hat uns die staatliche Unterstützung sehr geholfen, unter anderem in Frankreich und Deutschland. Das hat den Auftragsrückgang etwas abgemildert. In Deutschland haben wir zum Beispiel einige Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, als der Flugverkehr nahezu zum Erliegen kam und unsere Fracht nicht in Passagiermaschinen transportiert werden konnte.
Nikolaus Kohler:Das Militzer & Münch Management kämpft in allen 29 Ländern mit den Herausforderungen und leitet nötige Schritte ein, um die außergewöhnliche Situation zu meistern. Vor allem in Zentralasien haben die Regierungen teilweise rigorose Maßnahmen angeordnet. Gerade in diesen Ländern gehe ich davon aus, dass nicht alle Transportunternehmen durch die Krise kommen werden. Die Militzer & Münch Gruppe ist allerdings gut aufgestellt – es bleibt abzuwarten, ob die Krise zu einer Marktbereinigung führt, von der einzelne Logistikunternehmen profitieren.
Wie hat sich das Geschäft entwickelt, als immer mehr Länder den Lockdown verkündeten?
Guillaume de Laage de Meux: In Frankreich war der Lockdown ein einschneidendes Erlebnis für die gesamte Branche. Am 16. März hatte die französische Regierung beschlossen, dass die Bevölkerung zu Hause bleiben und ihre Mobilität einschränken solle – im April und Mai sind unsere Aktivitäten um 50 Prozent zurückgegangen. Zu diesem Zeitpunkt haben wir uns darum gekümmert, finanziell abgesichert zu sein. Wir haben die Verluste mithilfe von Krediten der französischen Banken aufgefangen. Inzwischen ist es uns gelungen, den Umsatz wieder etwas zu stabilisieren. Seit Juli verzeichnen wir eine gute Auftragslage – wenn auch noch nicht wieder auf dem Niveau wie vor der Pandemie. Wie es in den nächsten Monaten weitergeht, hängt unter anderem davon ab, wie sich die zweite Welle der Pandemie auswirkt.
Nikolaus Kohler:Auf unsere Geschäfte in der Region Zentralasien hat die Pandemie ebenfalls große Auswirkungen. Einige Länder haben die Situation lange nicht beachtet, andere haben sofort und mit allen Konsequenzen die Grenzen geschlossen. Das führte nicht nur zu einem weitgehenden gesellschaftlichen Stillstand, sondern auch zu einem dramatischen Einbruch bei den Exporten und Importen. In Usbekistan zum Beispiel laufen die Importe aus Fernost weiter, der Handel mit Europa ist jedoch stark zurückgegangen. Die Regierung hat Infrastruktur-Projekte gestoppt und investiert aktuell mehr in den Bereich Healthcare. Turkmenistan hat seine Grenzen mit Ausnahme der Bahngrenzen und der Fähre Baku-Turkmenbashi geschlossen. Internationaler Handel und Importe sind fast zum Stillstand gekommen. Durch diesen totalen Lockdown haben sich auch die internationalen Erdölkonzerne aus Turkmenistan zurückgezogen – unsere Vermietung von Kränen ist dadurch nahezu zum Erliegen gekommen. In Georgien und auch in Aserbaidschan ist die Kauflaune der Bevölkerung stark gesunken, was die inländischen Transporte und damit auch unser Auftragsvolumen betrifft. In Georgien ist dieses Jahr Parlamentswahl, die Grenzen sind aber immerhin seit Oktober wieder offen – Im- und Exporte laufen. In Aserbaidschan war COVID-19 zumindest vorläufig unter Kontrolle, aber der Konflikt um die Region Bergkarabach hat große Auswirkungen auf das Land. Unsere Teams in der Türkei hingegen meistern die Krise sehr gut. Trotz Lockdown konnten sie die letzten Monate mit einem positiven Ergebnis abschließen.
Wie hat sich die Nachfrage einzelner Branchen entwickelt?
Guillaume de Laage de Meux: Vor allem in den Bereichen Automotive und Textil haben wir einen vorübergehend starken Rückgang der Transporte verspürt – insbesondere in den Regionen Süd-West-Europa und Maghreb. Das Geschäft stabilisiert sich langsam wieder, hat sich aber noch nicht normalisiert. Hier bleibt abzuwarten, wie sich die nächsten Monate entwickeln. .
Alexei Kovalenko: China ist dann als erstes aus dem Lockdown „erwacht“. Gemeinsam haben die Teams in Deutschland und China mehrere Luftfracht-Transporte von Schutzmasken etc. durchgeführt. Auch die Nachfrage der chemischen Industrie, die Desinfektions-, Wasch- und Reinigungsmittel produziert, ist gestiegen. Diese positiven Entwicklungen halfen zumindest etwas, den Auftragsrückgang anderer Branchen abzumildern. Ganz klar ist: Der internationale Warenverkehr muss weiter an Fahrt aufnehmen. Es wäre natürlich möglich, dass einige Unternehmen aufgrund der Erfahrungen mit der Pandemie ihre Supply Chains überdenken und wieder mehr Local Sourcing betreiben. Aber das passiert nicht über Nacht.
Wie hat die Pandemie Ihre tägliche Zusammenarbeit mit den Kunden verändert?
Alexei Kovalenko: Wir sind ein People‘s Business, wir leben von den intensiven Kontakten zu unseren Kunden. Es beeinträchtigt unser Geschäft, dass persönliche Treffen mit Kunden und potenziellen Kunden nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich sind. Wir alle mussten uns umstellen und virtuelle Möglichkeiten zur Kontaktpflege nutzen. Hier ist sicherlich grundsätzlich ein Umdenken nötig, denn die Herausforderung wird ja voraussichtlich noch länger bestehen.
Nikolaus Kohler: In Kasachstan haben uns die eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten jedoch nicht davon abgehalten, unseren KEP-Bereich auszubauen. Das Geschäft unserer Einheit EMEX entwickelt sich gut, unsere Kunden haben verstärkt KEP-Sendungen für E-Commerce nachgefragt. Ein Grund ist sicherlich, dass die Einkaufszentren geschlossen sind. Das treibt das Online-B2C-Geschäft an.
Ist ein vorsichtiger Ausblick auf die kommenden Monate möglich?
Alexei Kovalenko: Am Ende des ersten Quartals 2020 war unser Ausblick auf das restliche Jahr pessimistisch. Das hat sich ab Juni aber geändert, und Juli und August sind einigermaßen gut gelaufen. Die Nachfrage hat sich erholt, die transportierten Mengen sind gestiegen. Bei den Kunden haben wir bisher keine nennenswerten Zahlungsausfälle oder gar Konkurse verzeichnet. Aber wir müssen wachsam bleiben. Aktuell planen wir für 2021 und haben dabei die ersten drei Quartale 2020 immer im Blick.
Nikolaus Kohler:Die Entwicklung in einigen Ländern bestätigt uns, dass wir als Unternehmensgruppe gut aufgestellt sind. Unser noch relativ junges Joint Venture in Serbien beispielsweise ist seit der Gründung im vergangenen Jahr auf Wachstumskurs. Die Eröffnung der Logistikanlage in Belarus ist ebenfalls ein positives Signal. Erfreulich entwickelt sich auch Dubai – unter anderem dank des starken Geschäftsvolumens unseres Hauptkunden aus der Nahrungs- und Genussmittelbranche.
Guillaume de Laage de Meux:Insgesamt hat mich unser bisheriges Handeln während der Pandemie darin bestärkt, dass Militzer & Münch ein wirklich agiles Unternehmen ist. Die letzten Monate haben gezeigt, dass wir in der Lage sind, schnell und angemessen auf eine Krise zu reagieren. Deswegen bin ich sehr stolz auf unser Team und blicke zuversichtlich in die Zukunft.